Christian Lippuner

Unheil versus Lebenslust

Das buntfleckige Gemälde mit dem Titel «Es zieht ein Mondenschatten» lebt von horizontalen wie vertikalen Einheiten. Untereinander verschoben kreieren sie eine Flächigkeit, die Tiefe zulässt. Sich überlappend werden Farbfelder zur lebendigen Hülle, die Transparenz heraufbeschwört. Mag die an den Rändern heraufziehende Schwärze als Bedrohung wahrgenommen, mag sie als natürliches Spiel des Entgegengesetzten gedeutet werden, um einen Verbund kommen die Elemente nicht herum.

Mit der Bezugnahme der Titelzeile auf das «Gute Nacht»-Gedicht der «Winterreise» mag – analog zu Schuberts Liederzyklus – eine Visualisierung existenzieller Schmerzen des Menschen angetönt werden. Ausgeprägte Gegensätze werden zu Stimmungsvarianten einer abstrahierten Landschaft wie zu organischen Gebilden einer blubbernden Ursuppe. Fein- und Grobstrukturen eröffnen Mikro- und Makrowelten. Freude und Verzweiflung blitzen auf, Überschwänglichkeit und Niedergedrücktheit. (jstb)


Beobachten und Erleben

Wo Spuren und Wege Geschichten erzählen, entstehen Stimmungslagen, die immer wieder auch Gefühle der Unruhe und Gespanntheit erzeugen. Im Rundumblick hingegen vermittelt sich Tiefe und Ruhe. Dezente Raumtrennungen dürfen hier Zutrauen und damit schliesslich Lebensinhalte vermitteln.

Die kaum erkennbare Grafitzeichnung auf der rechten Bildhälfte zeigt eine Figur, die servil und ergeben eine Art Teller oder Schale balanciert. Der grossflächige, aber unscheinbare Akt mag für persönliche Beweglichkeit stehen, für ein sensibles und anmutiges Eingebundensein in die Weltenzusammenhänge. (jstb)